Fassaden-Idee fällt durch
Eine Verzögerung der Planung rund um den Zentralplatz wird es geben. Grund ist aber nicht der entsprechende Antrag der Bürgerinitiative "Zukunft für Koblenz", sondern das Abstimmungsergebnis zur Fassadengestaltung. Wie ein roter Faden zogen sich erneut die Diskussionen über das Forum Mittelrhein durch die Sitzung des Koblenzer Stadtrats.
KOBLENZ. Grünes Metall in Weinlauboptik: Diese Fassadengestaltung des geplanten Einzelhandelsgebäudes auf dem Zentralplatz war bereits im Vorfeld umstritten. Ein wenig überraschend kam das Votum des Stadtrats dennoch - hatte doch zuletzt stets bei fast allem rund um das Forum Mittelrhein eine breite Mehrheit gestanden. Nicht so aber bei der Frage nach der Optik: 26 Nein-Stimmen, 23 Ja-Stimmen, vier Enthaltungen.
CDU gab Abstimmung frei: Und die Redebeiträge zeigten bereits im Vorfeld, dass es auch innerhalb der Fraktionen keine Einigkeit über die geplante Ästhetik gab. "Heute geht es nur um die Fassadengestaltung", betonte CDU-Fraktionschefin Anne Schumann-Dreyer. Und mit der hatten auch innerhalb ihrer Partei einige so ihre Probleme. Daher, so Schumann-Dreyer, habe man sich auf eine freie Abstimmung ohne Marschroute der Fraktion verständigt - und einige CDU-Mitglieder nutzten das.
"Es geht um die Wertigkeit der Gestaltung", betonte Hans-Jörg Assenmacher (CDU). Und in "Europas größter Weinlaube" sah er ein deutliches Herabsenken eben jener Wertigkeit. "Wir lassen zu, dass wir uns von einer Glasfassade verabschieden."
Auch für den Großteil der Freien Bürgergruppe (Manfred Gniffke: "Gefällt mir nicht.") war das nicht akzeptabel. Damit war das Lager der Fraktionen, die zuletzt stets für den neuen Zentralplatz standen, aufgebrochen.
Grüne Mitte aus Aluminium: Und die Gegner der Pläne blieben ohnehin bei ihrer ablehnenden Haltung. Makaber fand Grünen-Chefin Andrea Mehlbreuer die Fassaden-Idee. "Jetzt bekommen wir doch noch eine grüne Mitte, aber aus Aluminium." Ähnlich vernichtend fiel das Urteil der BIZ aus: hässlich, eine Zumutung für die Koblenzer. Und: "Die Ästhetik des Einkaufszentrums steht in krassem Gegensatz zu der des Kulturbaus", meinte Edgar Kühlenthal. Zusätzliche Fehlentwicklungen wolle die BIZ mit aller Kraft verhindern.
Die Zahl der Fürsprecher der Gestaltung fiel geringer aus. In der SPD-Fraktion konnte man der Optik offenbar mehr abgewinnen. Parteichef Christian Altmaier erinnerte noch einmal daran, dass es ein echter Glücksfall sei, Strabag und ECE als Partner für das Forum Mittelrhein gefunden zu haben. "Natürlich lässt sich über Ästhetik streiten", räumte Oberbürgermeister Dr. Eberhard Schulte-Wissermann ein. Er finde die Gestaltung attraktiv. Und er erinnerte daran, dass das Handelsgebäude nicht auf Kosten der Stadt gebaut werde. Insbesondere aber ärgerte er sich über die erneuten grundsätzlichen Debatten über das Zentralplatzprojekt als Ganzes. Anmaßend fand der OB die Behauptung der BIZ, diese vertrete den Bürgerwillen. Man möge, so der OB, in einer Demokratie auch einmal zur Kenntnis nehmen, dass gewisse Pflöcke längst eingeschlagen sind.
Nachbessern ist angesagt: Gegen den Austausch bekannter Wahlkampfargumente wehrte sich denn auch Peter Kaiser. "Heute geht es um die Fassade, darum sollten wir uns heute kümmern", forderte der FDP-Parteivorsitzende. Da sich auch die Liberalen damit nicht anfreunden konnten und wollten, muss jetzt nachgebessert werden.
Leserbrief: "Unglück der fließenden Form"
Und die grüne Insel ist mit ihren knapp 400 Quadratmetern nichts weiter als eine grüne Kaschierung des Hauptauslasses der Klimaanlage.
Das Modell ist für alle Koblenzer im Mittelrheinmuseum zugänglich. Jeder Bürger - die eigentlichen Geldgeber für das Mittelrheinforum - sollte das Angebot nutzen, sich das Modell anzuschauen und sich selbst ein Bild davon zu machen. Vielleicht wird der eine oder andere begreifen, wie die Zukunft der Mitte von Koblenz tatsächlich aussehen wird. Vielleicht wird er dann zu dem Schluss kommen, dass Koblenz ein kaltes, fremdes Herz eingesetzt bekommt.
Dr. Michael Winter, Koblenz
"Das Verfahren läuft"
(Artikel Rhein-Zeitung, Lokalteil Koblenz, Ausgabe Di 22.12.2009)
Günstiges Kongresszentrum
Das Land Rheinland-Pfalz ist Eigentümer des Geländes auf dem Oberwerth, auf dem die Gebäude der ehemaligen EWH beziehungsweise Uni Koblenz stehen (unter anderem Sporthalle und Seminargebäude). Das Finanzministerium will das Areal zu einem höchst möglichen Preis an Investoren verkaufen. Außer den unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden sollen dort alle Bauten ab 2012 abgerissen und Platz für eine kleinteilige Wohnbebauung geschaffen werden. Dafür braucht das Land eine Änderung des Bebauungsplans, die nur der Stadtrat beschließen kann.
Die Uni-Sporthalle kann jetzt laut Stadtratsbeschluss weiter genutzt werden, bis das neue Sportzentrum auf dem Asterstein mit Unterstützung des Landes gebaut ist. Diese Maßnahme begrüßt die BIZ ausdrücklich. Allerdings hat die BIZ Vorbehalte gegenüber der konkreten Planung, wonach das Grundstück im Kontrast zum Gesamtcharakter des Oberwerths (Wohngebiet mit herrschaftlichen Einzelvillen auf größeren Grundstücken) mit Reihenhäuschen auf kleinen Grundstücksflächen bebaut werden soll. Die verdichtete Bebauung widerspricht dem Gesamtcharakter des Stadtteils.
Das ist der Grund, warum die BIZ-Fraktion dem Bebauungsplan nicht zugestimmt hat. Im Übrigen könnte man das ehemalige Uni-Seminargebäude kostengünstig zu einem Kongresszentrum umgestalten und somit dem Koblenzer Steuerzahler und der hoch verschuldeten Stadt Millionen an Investitionen für den geplanten opulenten Umbau der Rhein-Mosel- Halle ersparen. Die Stadt sollte darüber mit dem Land verhandeln und bei den immer wieder von der SPD-Fraktion hervorgehobenen guten Beziehungen nach Mainz darauf hinwirken, dass das Land der Stadt wenigstens das Grundstück des Seminargebäudes für eine symbolische Summe überlässt und ansonsten auf eine Wohnbebauung im Sinne des Oberwerther Gesamtcharakters hinwirkt.
Paul Henchel, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der BIZ, Koblenz
(Leserbrief Rhein-Zeitung, Lokalteil Koblenz, Ausgabe Mo 21.12.2009
BIZ will Auszeit für Zentralplatz
(Artikel Rhein-Zeitung, Lokalteil Koblenz, Ausgabe Do 17.12.2009)
Kommentar: Auch SPD kann lernfähig sein
Leserbrief: Stadt vor Schaden bewahren
Dr. Michael Gross, Fraktionsvorsitzender der BIZ, Koblenz
BIZ für den Erhalt des Wohncharakter auf dem Oberwerth
Zentralplatz und EU: Stadt schießt zurück
Ärger aus Brüssel? Verwaltung: Verfahren ist noch nicht mal eingeleitet
Nebenschauplatz oder echte Bedrohungskulisse: Die Meinungen über die Bedeutung des Beschwerdeverfahrens der Bürgerinitiative "Zukunft für Koblenz" (BIZ) gehen weit auseinander. Im Rathaus zeigt man sich entspannt.
KOBLENZ. Ärger aus Brüssel wegen der Verträge zum Forum Mittelrhein droht nach Einschätzung der Stadt Koblenz nicht. Das Beschwerdeverfahren der BIZ samt Begleitmusik sei eine bewusste Verunsicherung der Bevölkerung, meint Stadtpressesprecher Thomas Knaak.
Zuletzt hatte die Fraktion auf ein aus ihrer Sicht teilweise ähnlich gelagertes Verfahren verwiesen, nach dem auf die Stadt Köln eine Millionen-Forderung zukommen könnte. Auch im Koblenzer Beschwerdeverfahren sei so etwas nicht auszuschließen (die RZ berichtete). "Geflissentlich verschwiegen wird", so Knaak, "dass jene Beschwerde einzig von den so besorgten BIZ-Vertretern selbst stammt, die das Vergaberecht für ihren politischen Kampf gegen das Projekt instrumentalisieren wollen." Normalerweise würden derartige Beschwerden von wirtschaftlichen Konkurrenten erhoben, deren Schutz das Vergaberecht diene. Eine solche Beschwerde gebe es nicht - und könne es auch gar nicht geben. Denn: Es könne keine Konkurrenten geben, weil die Firma Strabag auf ihre Rechte am Zentralplatz (Eigentum am Hertie-Haus und Erbbaurecht an der Tiefgarage) nur verzichten werde, wenn sie selbst den Auftrag erhält. Knaak: "Folglich könnte kein anderer dort bauen."
Das aber bedeutet aus Sicht der Stadt: Eine Ausschreibung wäre blanker Unsinn gewesen. Diese Konsequenz erkenne auch das Vergaberecht an: "Sowohl das deutsche Recht als auch die EU-Vergabekoordinierungsrichtlinie lassen für solche Fälle statt einer Ausschreibung ein Verhandlungsverfahren mit dem einzig in Betracht kommenden Rechtsinhaber zu", so die Stadtverwaltung.
Zusammengefasst: Es liege zwar ein öffentlicher Bauauftrag vor. Aber wegen der beschriebenen sogenannten Ausschließlichkeitsrechte von Strabag habe man nicht ausschreiben müssen.
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Kölner Prozess habe sich mit der zweiten Frage ohnehin nicht beschäftigt. Das sei der BIZ auf ihre Anfrage auch mitgeteilt worden. "Von mangelnder Bereitschaft der Verwaltung, sich mit dem Thema zu beschäftigen, kann wahrlich nicht die Rede sein", so die Stadt, "wohl aber von offenbar fehlendem Willen zu besseren Einsichten einer politischen Gruppe, die nicht lockerlassen und die Öffentlichkeit verunsichern will."
(Artikel Rhein-Zeitung, Lokalteil Koblenz, Ausgabe Di 08.12.2009)
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